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Leistungen und Grenzen der kybernetischen Betrachtungsweise

Hans Sachsse

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Wir wollen uns abschliesend Rechenschaft uber den Standort der Kybernetik im Rahmen unseres wissenschaftlichen und philosophischen Denkens geben. Die Kybernetik ist eine junge Wissenschaft, in rascher Entwicklung begriffen; noch stehen keineswegs ihre Anwendungsbereiche alle fest. Auch ihre Begriffe werden nicht immer einheitlich verwendet. Aber ohne Zweifel sind von der Kybernetik auf fast alle Wissenschaften und auch auf die Philosophie nachhaltige Anregungen ausgegangen, so das bisweilen geradezu von dem Anbruch eines neuen, von der Kybernetik gepragten, Zeitalters gesprochen wird. In dieser Situation ist es wichtig, die Moglichkeiten wie auch die Grenzen dieser neuartigen Disziplin abzuschatzen.Fassen wir zunachst zusammen, was die Kybernetik fur die Erkenntnis des Lebendigen geleistet hat. Tabelle 19 bringt einen Vergleich zwischen technischen und biologischen Systemen. Die Gegenuberstellung last erkennen, in welchen Fallen es zweckmasig ist, menschliche Steuerung durch maschinelle zu ersetzen. Die technischen Systeme arbeiten exakter, sie besitzen eine Schaltgeschwindigkeit,die etwa eine Millionmal groser ist, und sie ermuden nicht. Demgegenuber verfugen die biologischen Systeme uber sehr viel mehr Schalteinheiten und damit verbunden uber eine grosere Organisationshohe und Vielseitigkeit. Diese Konzentrierung von Struktur auf engstem Raum wird durch eine von der Technik nicht erreichte Kleinheit der Schaltelemente ermoglicht. Auch die von der Natur erzielte Okonomie ist in der Technik nicht realisierbar: Das Gehirn benotigt zu seinem Betrieb 25 W. Eine mit Transistoren ausgerustete Maschine von gleichem Schaltaufwand hat einen 4000 mal groseren Energiebedarf. — Eine weitere wesentliche Eigenheit der biologischen Systeme ist die Bipolaritat der Steuerung, die die Stabilitat der Systeme erhoht, und die wir in unserem geistigen Leben als schopferische Spannung erfahren (s. S. 221, 228). — Bild 76 gibt ein Modell fur die Informationsverarbeitung des Menschen, das H. Frank entworfen hat. 1)

https://doi.org/10.1007/978-3-663-02006-6_8