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Funktionelle Morphologie und Anatomie der Gefäßpflanzen
Joachim W. KadereitBenedikt Kostsubject
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In den vorangehenden Kapiteln wurden Zellen als elementare Lebenseinheiten und Bauelemente von Geweben behandelt. Auch im Vielzeller ist jede einzelne Zelle tatsachlich eine elementare Lebenseinheit, aber sie reprasentiert hier nicht den Organismus, dessen makroskopische Gestaltung vom zellularen Bau genauso unabhangig ist wie die Architektur eines Bauwerks aus Ziegeln und anderen Bauelementen. Man kann (und konnte ja tatsachlich lange Zeit) sinnvoll Morphologie betreiben, ohne von Zellen etwas zu wissen. Komplexe Gestaltbildungen sind auch ohne Zellengliederung moglich (Abb. 3.1, Abb. 24.48 D, Abb. 24.76; s. Abschn. 1.2.3.6). Freilich zeigen die Seltenheit echter Groszeller und die enorme Vielfalt der Vielzeller, dass Vielzelligkeit eine gunstigere Grundlage fur die Evolution groser Organismen bot als die Vergroserung und Komplizierung einer einzigen Zelle. Die Entstehung vielzelliger Organismen setzt nicht nur Massierung, sondern auch geordnete Differenzierung von zunachst gleichartigen Zellen voraus. Die funktionelle Spezialisierung erbgleicher Korperzellen (Somazellen; griech. soma, Korper) beruht auf differenzieller Genaktivierung (s. Abschn. 1.2.3, Abschn. 8.2). Die Signale dafur mussen jeder von den Bildungsgeweben abgegliederten Zelle Informationen fur die ortsgerechte Differenzierung vermitteln. Der vielzellige Organismus kommt nur durch das richtige Zusammenspiel all seiner Zellen und der interzellularen Signale zustande (s. Kap. 15). Als biologische Einheit tritt damit nicht mehr die einzelne Zelle auf, sondern der Funktionsverbund des vielzelligen Vegetationskorpers, das Blastem (griech. blastema, das Geformte; auch Keim, Spross). Dieser ganzheitliche Systemcharakter unterscheidet den Vielzeller bzw. das Blastem grundsatzlich von einem blosen Zellverband (Coenobium).
year | journal | country | edition | language |
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2014-01-01 |