6533b838fe1ef96bd12a3b42
RESEARCH PRODUCT
Die dynamische Unstetigkeit
Werner Janzariksubject
description
Bei Besprechung der dynamischen Konstellation in manischen Psychosen war darauf hingewiesen worden, das in der Expansion trotz des dissolutiven Charakters des dynamischen Uberschusses immer noch ein Gleichgewicht zwischen den beiden Grundlagen des Erlebens erhalten bleibt, die formelhaft als innerer Raum und als Welt gekennzeichnet und einander gegenubergestellt werden konnen. Die impressive Uberflutung findet ein Gegengewicht in der ubersturzten Aktualisierung struktureller Bestande. Auf der Ebene eines Erlebens, das ohne den Hintergrund des Wertgefuges keine Tiefendimension besitzt, ist es freilich das labile Gleichgewicht ungeordnet sich durchkreuzender Eindrucke und Einfalle, zwischen denen die Grenzen von Welt und innerem Raum zunehmend verloren gehen. Im Ubergang aus der reinen Expansion, der klinisch selten, aber gerade psychopathologisch besonders aufschlusreich ist, scheint mit einem Unstetigwerden des bis dahin bei aller Bewegung einheitlichen und gleichgerichteten dynamischen Geschehens eine Storung dieses Gleichgewichts einzutreten und das Begegnende ubermachtig zu werden. Die Wahnstimmung ist Ausdruck der dynamischen Unstetigkeit und des damit einhergehenden Gleichgewichtsverlustes. Phanomenal entspricht der dynamischen Unstetigkeit die extreme Unbestimmtheit, Vieldeutigkeit, Widerspruchlichkeit und Labilitat der Emotionen und Intentionen, die jahe Ubersteigerung begluckter oder unheimlicher Stimmung in Verzuckung, in Angst und Grauen und die nicht weniger befremdliche Indolenz, die trotz allen Aufgewuhltseins, etwa bei einem Weltuntergangswahn, im plotzlichen Ermatten der emotionalen Bewegung sichtbar wird. Wahnstimmung gibt es nicht als Kontinuum. Das Wesen der Wahnstimmung ist Diskontinuitat, Fluktuation, Gegenlaufigkeit der emotionalen Regungen, es ist zugleich Uberschwang und Erschopfung.
year | journal | country | edition | language |
---|---|---|---|---|
1959-01-01 |