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Junge Wilde und alte Milde? Jugend und Wahlentscheidung in Deutschland

Harald Schoen

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Das Wahlverhalten Jugendlicher stost in der Offentlichkeit haufig auf erhebliches Interesse. So setzte nach den Wahlerfolgen von NPD und DVU bei den Landtagswahlen 2004 in Brandenburg und Sachsen eine Diskussion uber die relativ hohen Stimmenanteile dieser Parteien unter Jugendlichen ein. Gestutzt auf die Annahme, wer heute rechtsextreme Parteien wahle, werde das auch in der Zukunft tun, wurden nicht selten Sorgen um die Zukunft der bundesdeutschen Demokratie geausert (z.B. Monch 2004). Aus einem analogen Argument wurde in den 1970er Jahren die Erwartung abgeleitet, ihre relativ grose Popularitat unter Jugendlichen werde die SPD auf langere Sicht zur Mehrheitspartei avancieren lassen. Wie das sechzehnjahrige Oppositionsdasein der SPD zwischen 1982 und 1998 dokumentiert, wurde die Prognose von der empirischen Entwicklung eindrucksvoll widerlegt. Das deutet darauf hin, dass sie auf unzutreffenden Annahmen uber die Rolle des Lebensalters bei der Wahlentscheidung beruhte. In jedem Fall wurde die plausible Moglichkeit ausgeblendet, dass politische Praferenzen mit dem Lebensalter variieren und daher Jugendliche altersbedingt anders wahlen als Erwachsene. Diese Vorstellung stand wohl Pate, als Helmut Kohl auf Kundgebungen jugendlichen Storern mit der Prophezeiung den Wind aus den Segeln zu nehmen suchte, sie wurden brav CDU wahlen, wenn sie erst einmal alter und gesellschaftlich starker integriert sein wurden. Der baden-wurttembergische Ministerprasident, Gunther Oettinger, scheint das sogar am eigenen Leib erfahren zu haben, wurde doch in Bezug auf ihn formuliert: „Gucket her, a Schwarzer isch au mol rot g’wea!“ (Stadelmaier 2004).

https://doi.org/10.1007/978-3-531-90094-0_15