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Italienische Soziologie unter Einschluss der Spanischen und Südamerikanischen Soziologie

Friedrich Jonas

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Frankreich und England sind die beiden Lander, in denen schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Idee der gesellschaftlichen Eigengesetzlichkeit vorhanden und diese Eigengesetzlichkeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist. Die Soziologie hat in diesem Sinne hier eine lange Tradition, eine Tradition, die, wie wir sahen, fur Deutschland durch den deutschen Idealismus rezipiert worden war. Die hier erarbeiteten theoretischen Konzepte unterschieden sich im einzelnen sehr deutlich voneinander, hatten aber das gemeinsam, das sie von einer allgemeinen gesellschaftlichen Eigengesetzlichkeit ausgingen und diese zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen machten. Die vorhandenen Institutionen, Stande und Korporationen und, wie bei Rousseau und Durkheim, auch die einzelnen Menschen wurden in bezug auf diese Eigengesetzlichkeit relativiert und ihrer eigenen Substantialitat beraubt. Es gibt, so sieht man hier, in der Erfahrung objektive Zusammenhange, deren ordnende Kraft von dem Willen einzelner Menschen unabhangig ist. Das politische Programm der Emanzipation und die theoretische Voraussetzung der Soziologie als Wissenschaft beruhen auf dieser Einsicht, das es eine in diesem Sinne objektive Gesellschaft gibt. Nur weil es diese Gesellschaft gibt, braucht die Erklarung des menschlichen Handlungszusammenhangs nicht mehr wie in der Vergangenheit an den Willen eines einzelnen Herrschers oder einer bestimmten Institution, wie etwa des Staates oder der Kirche, anzuknupfen.

https://doi.org/10.1007/978-3-663-10157-4_2