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Junge Menschen und frühe Schulden – Finanzielle Handlungskompetenz im Fokus wirtschaftspädagogischer Forschung

Nina BenderKlaus Breuer

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Fruhe Schulden bereiten nicht selten den Weg in lang andauernde Schuldenkarrieren, so lautet der offentliche Konsens. Einer steigenden Quote an verschuldeten jungen Menschen unter 25 Jahren muss daher auf breiter Ebene begegnet werden, so lautet der politische Konsens (BMAS, 2008, S. 178-179). Denn Kreditausfalle befordern nicht nur individuelle Krisen, sondern wirken sich in ihrer Gesamtheit gleichermasen negativ auf die Volkswirtschaft aus. Ein Blick in die empirische Befundlage vermittelt zunachst ein stagnierendes Ausmas der Jugendverschuldung im Zeitraum von 2004 bis einschlieslich 2007 (Schufa Schuldenkompass, 2007, S. 48). Dennoch gibt allein der Anteil verschuldeter Jugendlicher mit ca. 13% auch bei stagnierender Auspragung Anlass zur Auseinandersetzung mit dem beschriebenen Phanomen. Denn gerade fur junge Menschen besteht die bereits eingangs beschriebene Gefahr des Eintritts in lange Uberschuldungskarrieren, was eine besondere Betrachtung insbesondere dieser Altersgruppe notwendig und sinnvoll macht (Schufa Schuldenkompass, 2008, S. 67). Ein zusatzliches Argument fur die Bedeutsamkeit dieser speziellen Gruppe ergibt sich aus den langfristigen Folgen fruher Schulden. Einerseits ist es schwer, Forderungen zu decken, die bereits unter den Bedingungen eingeschrankter finanzieller Ressourcen entstanden sind. Zum anderen zeigt sich in jugendlichem Schuldenverhalten in den meisten Fallen ein rein konsumorientiertes Muster (Streuli, Steiner, Mattes & Shenton, 2008, S. 36-39). Im Zuge einer Begleitung junger Menschen zur Herausbildung autonomer und handlungsfahiger Personlichkeiten, wie es die (Wirtschafts-)Padagogik zum Ziel hat, ist daher der Blick auf den angemessenen Umgang mit Geld zu richten (Bender, 2009, S. 67). Dies impliziert nicht zuletzt die Fahigkeit zum Konsumverzicht. Ein drittes Argument, Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren zu fokussieren, besteht in deren Lebenssituation, die sich als Ubergangsphase von der finanziellen Abhangigkeit der Eltern hin zur finanziellen Autonomie beschreiben lasst. Jugendliche in diesem Alter sind nicht selten zum ersten Mal mit eigenem Gehalt und der selbstandigen Erfullung eigener Konsumwunsche konfrontiert. Die monetaren Entscheidungen erreichen ab der Volljahrigkeit und mit dem ersten eigenen Einkommen eine veranderte Tragweite, sowohl unter finanzieller als auch rechtlicher Perspektive. Zur Bewaltigung (Resilienz) dieser bislang durch die Eltern gestutzten oder begleiteten Aufgaben und Entscheidungen bedarf es der Genese einer hinreichenden Finanzkompetenz und eines planvollen und nachhaltigen Umgangs mit Geld. Eine Verschuldung, die nicht aus einer okonomisch begrundbaren Planung z.B. in Form einer Investition in Vermogenswerte entsteht, kann bei fehlender Steuerung sukzessive den Weg in die Uberschuldung bereiten. Lange (2004, S. 81) stellt in Bezug auf das Konsumverhalten Jugendlicher fest, dass Schuler und Studierende rund 80% und Auszubildende noch 77% ihres Einkommens zeitnah wieder ausgeben. Gleichzeitig geben mehr als 40% der Befragten an, uberhaupt nicht zu sparen. Dieser Mangel an Rucklagenbildung und finanzieller Weitsicht bildet ein weiteres Argument fur die Untersuchung des Phanomens „Jugendverschuldung“.

https://doi.org/10.1007/978-3-531-93085-5_4