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Poincarésche Räume, Knoten, Gruppen: Max Dehn

Moritz Epple

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Wahrend Heinrich Tietze an seiner Habilitationsschrift arbeitete, dachte Max Dehn weiter uber topologische Fragen nach. Wie Wirtinger und Tietze sties auch er dabei auf Knoten. Allerdings kam es zwischen den Wiener Mathematikern und Dehn zunachst nur zu einem punktuellen Kontakt — beide arbeiteten in verschiedenen hegemonialen Bereichen, wie in den letzten beiden Kapiteln bereits deutlich geworden ist. Auch das Ziel von Dehns Arbeit war anfanglich ganz verschieden von dem Tietzes. Wahrend dieser das durch Poincare umrissene Feld der Topologie zu systematisieren suchte und dabei unter anderem das durch Wirtingers funktionentheoretische Arbeiten entstandene Wissen einarbeitete, hoffte Dehn ein ganz spezielles Problem zu losen, das Poincares Arbeiten offengelassen hatten: die topologische Charakterisierung des „gewohnlichen Raumes“ bzw. der dreidimensionalen Sphare. Es sollte ihm nicht gelingen. Stattdessen wurde er auf eine neue Konstruktionstechnik fur dreidimensionale Mannigfaltigkeiten gefuhrt, in welcher Knoten die entscheidende Rolle spielten. Das Studium dieser Mannigfaltigkeiten fuhrte Dehn sowohl auf eine Reihe von Aussagen uber Knoten als auch auf einige sehr fundamentale Probleme der kombinatorischen Gruppentheorie. Wahrend Dehns entsprechende Arbeiten nur einige recht spezielle Fragen definitiv losten, warfen sie neue Fragenkomplexe auf, von denen sich in der Folge zeigte, das sie zu den tiefsten sowohl der dreidimensionalen Topologie als auch der kombinatorischen Gruppentheorie des 20. Jahrhunderts gehorten. Insbesondere ist bis heute nicht geklart, ob der von Dehn eroffnete Weg zur Bearbeitung der Poincareschen Vermutung nicht doch zu ihrer Entscheidung fuhren konnte.

https://doi.org/10.1007/978-3-322-80295-8_9