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Ätherwirbel, Knoten und Atome

Moritz Epple

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In diesem und dem folgenden Kapitel verfolge ich den Weg der Mathematisierung von Knoten und verschlungenen Kurven im Kontext der britischen mathematischen Physik der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts. Fur einen Zeitraum von ungefahr zwanzig Jahren, zwischen 1867 und etwa 1886, gelangten topologische Ideen und Knoten ins Zentrum einer physikalischen Spekulation uber den mikroskopischen Aufbau der Materie. Diese Spekulation bildete den ausschlaggebenden Hintergrund fur die ersten intensiven Bemuhungen um eine Klassifikation der verschiedenen Knotenformen. Daruber wird im nachsten Kapitel berichtet. Zuvor mus jedoch erlautert werden, wie es uberhaupt zu dieser Entwicklung kam. Dazu sind zunachst einige Worte uber die dynamischen Theorien fuhrender britischer Physiker dieser Zeit notig. Danach gehe ich auf einen 1858 erschienenen Aufsatz von Hermann v. Helmholtz ein, in welchem (unter anderem) Riemanns topologische Ideen in die Hydrodynamik und damit in die fundamentale dynamische Theorie der Zeit eingebracht wurden (4.1). Die Rezeption dieses Aufsatzes durch Peter Guthrie Tait und William Thomson fuhrte dann im Jahr 1867 zum Beginn der genannten atomtheoretischen Spekulation (4.2). Bei der Bearbeitung der dadurch aufgeworfenen mathematischen und insbesondere topologischen Fragen durch Thomson und James Clerk Maxwell kam es dann auch zur expliziten Formulierung des Problems der Knotenklassifikation (4.3). Ich schliese das Kapitel mit einer Zusammenfassung der weiteren Entwicklung der brillanten, letzten Endes aber erfolglosen Atomtheorie Thomsons.1

https://doi.org/10.1007/978-3-322-80295-8_4