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Ursprung und Entwicklung des modernen Menschen (Homo sapiens)

Hartmut RotheWinfried Henke

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Das gegenwartig wohl umstrittenste Thema menschlicher Stammesgeschichte ist die Evolution von H. sapiens (Ubersicht in Wolpoff 1980, 1992; F. Smith u. F. Spencer 1984; Henke 1988; F. Smith et al. 1989; Mellars u. Stringer 1989; Stringer 1989a, b; Trinkaus 1989a; Hublin u. Tillier 1991; Cavalli-Sforza 1992; A. Wilson u. Cann 1992; Thorne u. Wolpoff 1992; Brauer u. F. Smith 1992). Anlas fur das grose aktuelle Interesse an den Fragen des Ursprungs und der Entwicklung des modernen Menschen sind — sehr ungewohnlich fur die Palaoanthropologie — nicht neue Fossilfunde, sondern vielmehr Impulse aus Nachbardisziplinen. So fuhrten neue archaometrische Verfahren (vgl. Kap. 2.4.2) zur Revision der Datierungen bekannter Fundplatze wie Qafzeh oder Skhul und damit zum Uberdenken der derzeit bestehenden phylogenetischen Modelle (Schwarcz et al. 1988; Stringer et al. 1989; Stringer 1990; Bar-Yosef u. Vandenneersch 1993). Ferner begrundeten innovative molekularbiologische und zytogenetische Analysen an rezenten Populationen die Etablierung einer neuen Forschungsdisziplin, der Palaogenetik (Lewin 1987; Cann 1988; Vigilant et al. 1991; Lucotte 1992; A. Wilson u. Cann 1992; vgl. Kap. 2.4.3). Vergleichende Befunde an mutterlicher (maternaler) mitochondrialer DNA wurden von Cann et al. (1987) als Hinweis auf einen gemeinsamen afrikanischen Ursprung aller modernen Menschen vor rund 200 000 Jahren interpretiert. Die Bezeichnung der altesten gemeinsamen Vorfahrin aller modernen Menschen als afrikanische Eva oder lucky mother (A. Wilson u. Cann 1992) gab dem Modell eines monogenetischen afrikanischen Ursprungs des H. sapiens breite Popularitat.

https://doi.org/10.1007/978-3-642-78650-1_8